Der Weidling

Der Weidling ist ein sogenanntes Flachboot. Bereits die Kelten bauten vor über 2000 Jahren ähnliche Boote am Rheinknie. Der Weidling hat wenig Tiefgang und kann dadurch auch in seichtem Gewässer genutzt und gut an Land gezogen werden.

Bis Mitte des 20. Jh. wurden Weidlinge ausschliesslich aus Holz gefertigt. Heute sind sie hauptsächlich aus Kunststoff. Die heutigen Weidlinge sind rund 10 Meter lang und ca. 320 Kilogramm schwer.

Zum Fahrgeschirr gehören Stachel, Ruder und Rudernägel (auch Kreuz genannt). Der Stachel ist eine 2–3 Meter lange flache Holzstange, die am unteren Ende zwei Eisenspitzen hat. Damit wird das Boot am Flussufer flussaufwärts gestossen.

Das Ruder ist aus einem Rundholz mit einem Querholz zum Halten und einem Falchholz, dem Ruderblatt, hergestellt und ist zwischen 2,2 und 2,5 Meter lang. Das Kreuz aus Holz wird in eine Halterung gesteckt, damit das Ruder kraftvoll dagegen gedrückt werden kann.

Im Mittelalter, als der Weidling noch ein bedeutendes Transport- und Reisemittel war, gab es ihn in verschiedenen Längen, bis zu 20 Metern. Sie wurden auf dem Rhein und seinen Zuflüssen Aare, Reuss und Limmat eigesetzt. Schiffe ähnlichen Bautyps gibt und gab es in ganz Europa. Sie heissen beispielsweise Nachen, Donauzille etc.

Aus dem Mittelalter gibt es zahlreiche Belege für die Wichtigkeit und die Nutzung der Weid-linge. Traditionellerweise wurden sie als Transportmittel für Waren, Menschen und Vieh genutzt. Bekannt sind beispielsweise Salztransporte oder Pilgerfahrten. Über Fahrrechte, Zölle und Entgelt gab es manchen Disput, der vor den Gerichten endete oder unter Beizug der Obrigkeiten entschieden werden musste. Einige dieser Streite zogen sich übermehrere Jahre hin.

Mit der Gründung der Eidgenossenschaft, bei der unter anderem auch die Wegzölle und insbesondere die Wegwartung einheitlich geregelt wurden sowie mit dem Aufkommen der Eisenbahn Mitte des 19. Jahrhunderts, verlor der Weidling rapide an Bedeutung. Nur die kleineren, etwa 9 bis 10 Meter langen Boote wurden noch für den Fischfang und die Jagd eingesetzt. Inzwischen wird jedoch nicht mehr aus Weidlingen gefischt oder gejagt. Geblieben sind daher noch die Weidlinge der sportlich ausgerichteten Wasserfahr- und Pontoniervereine.

Der Weidling kann alleine oder zu zweit gefahren werden. Zur Fortbewegung wird der Weidling einerseits am Ufer entlang mit dem Stachel am Flussgrund gegen die Strömung abge-stossen. Andererseits wird zum Überqueren eines Flusses, bei Talfahrten oder auf einem See stehend, wie in einer Gondol in Venedig, gerudert.